Insulea - Mein Leben mit chronischen Erkrankungen

Ein Blog über meinen Alltag mit Diabetes Typ 1, Asthma, POTS und Endometriose.

Menstruation und Pille absetzen mit Typ 1 Diabetes - Erfahrungen und #ZyklusRoundUp


Im Oktober war ich auf dem ersten Diabetesbarcamp der Blood-Sugar-Lounge und war besonders begeistert über Tines Session zum Thema Zyklus und Diabetes. Es ging unter anderem darum, wie der Zyklus die Blutzuckerwerte beeinflusst, um das Pille absetzen und um Schwangerschaft mit Typ 1 Diabetes.
Leider muss man sagen, dass nicht nur unter Menschen mit Diabetes das Thema eher als Tabu angesehen wird. Es gibt immer noch Menschen, die einen komisch anschauen, wenn man offen über Periode und Co redet. Glücklicherweise gibt es viele Gegenbewegungen und viele starke und mutige Menschen, die auch mich dazu inspiriert haben, mit diesen Themen offener umzugehen. Denn mal ehrlich: Der Zyklus ist das Normalste auf der Welt und das Entdecken und Analysieren des eigenen Körpers sollte ebenso normal und selbstverständlich sein.

Menschen mit Diabetes wissen es: Es gibt 1000 Dinge, die den Blutzucker beeinflussen können. Man muss kein Mediziner sein, um zu wissen, dass Hormone die Blutzuckerwerte ganz schön aus dem Gleichgewicht bringen können.
Dennoch wird erschreckend wenig darüber geredet und informiert. Auch meine Diabetesberater*innen und Diabetolog*innen haben lediglich erwähnt, dass die Blutzuckerwerte durch den Zyklus beeinflusst werden, darauf wurde aber nicht wirklich näher eingegangen. Für mich persönlich war das nicht so schlimm, da ich mich sowieso viel mit meinem Körper auseinandersetze und tatsächlich für jede der vier Wochen eines Monats wusste, wie mein Blutzucker reagieren würde. Natürlich kennt man sich selbst am Besten mit seinem Körper aus und kann diese Dinge herausfinden - jedoch wäre etwas mehr Hilfestellung dabei nicht schlecht. Generell sollte die Angst genommen werden, über solche Themen zu sprechen. Wie Tine schon sagte, auch ich wünsche mir einen offenen Dialog! Erzählt doch auch gern von euren Erfahrungen!


Ich möchte noch mal kurz auf meine eigenen Erfahrungen im Hinblick auf Blutzuckerwerte und Hormone eingehen. Dazu möchte ich noch sagen: Jeder Körper ist anders, daher wird auch jeder Körper unterschiedlich und vor allem auch unterschiedlich stark oder schwach auf die Zyklushormone reagieren. Genau so fällt die Perioden bei den unterschiedlichen Körpern natürlich auch unterschiedlich aus. Nicht jede*r hat starke Unterleibsschmerzen oder PMS. Was man hier auf keinen Fall tun darf ist zu stigmatisieren! Jeder Körper ist anders.

Ich habe relativ früh angefangen, die Pille zu nehmen. Damals gar nicht wegen des Verhütungsaspektes, sondern weil ich so starke Schmerzen während meiner Periode hatte. Die ersten zwei Tage konnte ich nur im Bett verbringen, ich hatte nicht mal Kraft und Energie, um etwas zu essen, zu trinken oder allein auf Toilette zu gehen. Das ist nicht übertrieben und man kann nur vermuten, weshalb das so war. Jedenfalls war dieses Leid keine Option für mich. Mit der Einnahme der Pille wurde es dann schnell besser und die Unterleibsschmerzen und vorausgehende PMS waren noch vorhanden, aber meist aushaltbar.
Eine Woche vor meiner Periode waren meine Blutzuckerwerte immer stark erhöht, ich hatte das Gefühl, dass das Insulin einfach nicht wirken wollte. Seitdem ich eine Pumpe trage, habe ich in dieser Woche die Basalrate auf 160% laufen lassen, was meistens ganz gut geklappt hat.
Der erste Tag meiner Periode war immer eine kleine Katastrophe. Die Werte sind in der Nacht stark gefallen und ich hatte oft Werte um die 50mg/dL, die einfach nicht wieder in die Höhe steigen wollten. Auch die nächsten 2 Tage verbrachte ich immer damit, möglichst viele Kohlenhydrate in mich hineinzustopfen. Vermutlich nicht das beste Konzept, aber die Basalrate zu reduzieren hat auch nicht geholfen. Auch die Woche nach meiner Periode waren die Werte etwas chaotisch, wobei es da entweder in die Höhe oder Tiefe ging. Vorausschauendes Handeln war eher schwierig.
Eine Woche im Monat lief dann immerhin alles am Schnürchen.
Ganz schön viel Arbeit für ein Thema, über das (nicht nur) in der Diabeteswelt nicht gern geredet wird.


Nachdem ich mich mit den Gesundheitsrisiken und Nebenwirkungen der Antibabypille stärker auseinandergesetzt hatte, wollte ich die Pille gern absetzen, hatte aber auch Angst, was das mit meinen Blutzuckerwerten anrichten würde. Lange Zeit habe ich mich deshalb nicht getraut, aber schlussendlich wusste ich, dass es die richtige Entscheidung ist, die Einnahme von zusätzlichen Hormonen zu stoppen. Inspiriert haben mich dazu auch noch mal die Gespräche mit Tine und ich bin sehr froh, dass es in unser Szene solche Personen wie Tine gibt, die sich so dafür engagieren, dass mehr solcher offenen Dialoge entstehen. Danke dafür!

Die Gründe für das Absetzen der Pille sind vielfältig und ich möchte hier an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, weil es bereits viele gute Artikel im World Wide Web dazu gibt.
Vielmehr möchte ich euch erzählen, was das Absetzen der Pille bei mir und meinen Blutzuckerwerten bewirkt hat.
Seit 3 Monaten habe ich die Pille nun abgesetzt.
Als Erstes fiel auf, dass ich viel häufiger unterzuckerte - ich habe Basalrate und Faktoren angepasst und konnte meinen Insulinbedarf ordentlich reduzieren.
Auch sind meine Menstruationsschmerzen wie weggeblasen - tatsächlich spüre ich nur noch ein leichtes Unwohlsein und ich fühle mich etwas energieloser als sonst.
Meine Zyklen sind etwas unregelmäßiger, aber höchstens um ein paar Tage verschoben. Ich tracke alles mit der App "Clue", die ich euch auch empfehlen kann.
Leider muss ich berichten, dass ich im Gesicht und Dekolleté vermehrt Pickel bekommen habe und meine Kopfhaut schnell fettet und daher auch schuppt. Dem kann man aber ganz gut entgegen helfen und ich bin mir sicher, dass diese "Nebenwirkungen" auch bald wieder nachlassen.
Allgemein habe ich das Gefühl, eine bessere Grundstimmung zu haben und bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.

Tine hat den Zyklus Round Up ins Leben gerufen, welchen ich nun auch nach Möglichkeit als Berichterstattung verwenden möchte. In drei Monaten melde ich mich wieder!

Edit: Mittlerweile nehme ich die Pille aufgrund weiterer chronischer Erkrankungen wieder.