Der April war für mich in Sachen Diabetes Management kein leichter Monat.
Meine Blutzuckerwerte sind nun nach fast siebenjähriger Erfahrung richtige Achterbahn-Fans geworden. Ein oder zwei Mal im Monat ist es auch erträglich, wenn sie ausreißen und zusammen mit dem Diabetesmonster einen imaginären Freizeitpark besuchen. Im April allerdings war ihnen meine Anwesenheitspflicht in der Uni völlig egal und ehe ich mich versah, saß ich selbst in der Achterbahn.
Solche Gedanken formen sich also in meinem Kopf, wenn ich dauerhaft unterzuckert bin und vermutlich einige Gehirnzellen daran abtreten musste. Interessant.
Spaß beiseite - ihr könnt euch sicher vorstellen, wie unglaublich anstrengend ein Monat ist, in dem jeden Tag etwas anderes an Basalrate, Faktoren oder den Umwelteinflüssen nicht stimmen mochte und damit meine Blutzuckerwerte zum Ausrasten brachte. Vermutlich lag es auch daran, dass endlich warmes Wetter eingezogen war und ich zu der Zeit wieder aufgenommen habe, regelmäßig zum Sport zu gehen.
Dennoch sind ein paar unerklärliche Dinge passiert. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die Tage um den 18. April.
Alles fing damit an, dass ich am Tag zuvor nach einer Unterzuckerung über den Zielwert hinausschoß und zwei Stunden in den 300er Werten festhing. Tatsächlich war kein Wutbolus (aus Wut zu viel Korrektur auf einmal abgeben) im Spiel, als mein Blutzucker innerhalb einer halben Stunde von 260mg/dL auf 70mg/dL fiel. Danach fing es dann an. Ich konnte alles Mögliche an süßen Getränken, Traubenzucker, Brot und Keksen in mich hineinstopfen und trotzdem schaffte ich es die ganze Nacht nicht wirklich, aus den roten (Sensor-)Zahlen zu kommen.
Leider musste ich am nächsten Morgen früh zur Uni. Für das Frühstück gab ich nur eine winzige Menge an Insulin ab. Dennoch unterzuckerte ich schon auf dem Weg zur Uni erneut und auch während des Seminars musste eine Cola daran glauben.
Ich fühlte mich zittrig, benommen und konnte mich kaum konzentrieren, wollte aber unbedingt in der Uni bleiben, da ich sonst das Gefühl gehabt hätte, Diabetes gewinnen zu lassen.
Doch waren meine Hypohelfer nach 1,5 Stunden Seminar aufgebraucht und ich entschied mich schweren Herzens dazu, nach Hause zu fahren, da es mir auch körperlich nicht gut genug ging, um weiterhin den Ausführungen des Dozenten zu folgen.
Zuhause angekommen aß ich Nudeln, ohne Insulin abzugeben, trank Cola und stellte meine Basalrate auf -100%. Nachdem dies nach einer Stunde immer noch nichts gebracht hatte, rief ich meinen Diabetologen an. Tatsächlich war auch er mit seinem Latein am Ende. Wir beschlossen, das Ganze noch etwas zu beobachten.
Nach 3 Stunden OHNE Basal- oder sonstigem Insulin, noch einem Malzbier und Keksen wurde es dann endlich besser. Ich glaube, ich habe mich noch nie so gerädert gefühlt wie an diesem Tag. Leider waren auch die nächsten Morgen nicht besser. Ich denke, das Geld, welches ich in den Cola-Automat meines Uni-Gebäudes im April gesteckt habe, hat die Uni endlich reich werden lassen. Mein erster Weg für knapp einen Monat war der allmorgendliche Gang zum roten Automaten mit dem weißen Schriftzug. Da kann man sich echt Besseres vorstellen. Meine Kommiliton*innen sind sicherlich der Meinung, dass ich süchtig nach Cola bin. Ich kann es ihnen nicht verdenken!
Wie sagt das Sprichwort so schön? Der April macht, was er will. Der Mai war insofern meine Rettung. Die Werte haben sich auf mysteriöse Art und Weise wieder eingependelt. Manchmal muss man eben auch solche Phasen mitmachen.
Was sagt ihr? Habt ihr auch mal total chaotische Phasen und keinen blassen Schimmer, was ihr falsch gemacht haben könntet?
Ich freue mich auf eure Stories!
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