Insulea - Mein Leben mit chronischen Erkrankungen

Ein Blog über meinen Alltag mit Diabetes Typ 1, Asthma, POTS und Endometriose.

6 Dinge, die ich von meinem Diabetes lernte


Wenn man einen Fehler begeht, wünscht man sich manchmal, die Zeit zurückdrehen zu können. In Büchern und Filmen ist das mit einer Zeitmaschine längst möglich, wirft aber auch immer Komplikationen auf. Manchmal frage ich mich: Würde ich in die Zeit vor meiner Diagnose zurückkehren und meinen Diabetes ungeschehen machen, wenn ich könnte?
Die Antwort ist nein.

Natürlich wäre ich manchmal gern geheilt, allerdings hat mich mein Diabetes mit all seinen Komplikationen auch sehr geprägt und wer weiß, ob ich ohne diese Schicksalsschläge der Mensch geworden wäre, der ich heute bin. Ich bin der Meinung, dass mich der Diabetes und die Angsterkrankung viel gelehrt haben. Anstatt Diabetes heute nieder zu machen, möchte ich an den positiven Seiten festhalten, denn die gibt es durchaus.

Lea steht mit dem Rücken zum Fotografierenden und streckt ihre Arme aus. Hinter ihr ist ein See zu erkennen. An ihrem Arm ist ihre Insulinpumpe zu erkennen.

Neues Selbstbewusstsein

Die Erlebnisse der letzten Jahre haben mir dabei geholfen, so zu werden, wie ich immer sein wollte.
Ich war immer sehr eigen und wurde dafür teilweise ausgegrenzt, die Meinung anderer war mir sehr wichtig und ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Vermutlich sind diese Gefühle in der Pubertät ganz normal, aber natürlich waren das Dinge, die mich vor der Zeit der Diagnose belastet haben.
Danach habe ich gelernt, für meinen Diabetes mutig zu werden.

Ich habe gelernt, mich so zu akzeptieren und zu lieben, wie ich bin und das zu tun, was mir gefällt, unabhängig davon, ob es allen gefällt oder der gesellschaftlichen Norm entspricht. Ich setze mich für mich selbst und für Andere ein und es fühlt sich fantastisch an.


Ich habe wahre Freund*innen gefunden

Wahre Freund*innen erkennt man daran, dass sie dich auch in schlechten Lebensphasen begleiten und hinter dir stehen. Ich habe nach der Diagnose gelernt, wer diese Freund*innen sind und bin unendlich dankbar dafür, dass es nicht viele gab, die sich abgewandt haben. Die Menschen, die mich in der schweren Zeit nicht unterstützt haben, habe ich seitdem aus meinem Leben gestrichen.
Schlussstriche tun oft weh, aber es ist so wichtig, sich im Leben nur mit den Menschen näher zu beschäftigen, die einem gut tun.


Meine Willensstärke einzusetzen

Meine Panikattacken zu überwinden und angstfrei leben zu können war der härteste Kampf meines Lebens, aber ich habe ihn gemeistert. Ich bin die Gewinnerin in meiner Geschichte.
Das habe ich meiner Willenskraft zu verdanken, von der ich früher nicht mal wusste, dass ich sie besitze.
Mit diesem Wissen, dass ich (fast) alles schaffen kann, wenn ich nur will, habe ich bereits viele Dinge erreicht, die ich sonst nie auch nur ausprobiert hätte.


Ich bin ein Organisationstalent

Teststreifen, Nadeln, Pens, Pumpe, Messgerät...
Mit der Zeit lernt ein Mensch mit Diabetes perfekt zu organisieren. Auf der Arbeit oder für die nächste Party ist ein Organisationstalent immer gut zu gebrauchen und durch die täglichen Messungen und Injektionen sicher doppelt so gewissenhaft wie andere.


Disziplin!

Mir wurde mal erzählt, unser Lieblingstier spiegelt unsere Eigenschaften wider. Kein Wunder, dass eines meiner Lieblinge das Faultier ist. Trotzdem: Wenn ich eine Aufgabe erfüllen muss, dann mit Disziplin und Engagement. Genau wie das mehrmals tägliche Blutzucker messen eben.
Diese neugewonnene Disziplin hilft nicht anderen, sondern mir selbst und das war eine für mich sehr wichtige Erkenntnis.

Eine positive Grundeinstellung

Ich weiß jetzt, dass ich aus jedem tiefen Loch wieder herausfinde, allein oder mit Hilfe. Ich weiß auch, dass nach den schlechten Tagen wieder gute Tage folgen und erlaube es mir daher, auch mal einen Schlechten zu haben.
Das ist okay, solange ich nicht aufgebe, ich versuche es einfach am nächsten Tag wieder.
Wenn mir etwas Negatives widerfährt, kann ich oft etwas Positives aus der Situation herausziehen und sei es auch nur, dass ich diesen Fehler bestimmt nicht noch einmal begehe. Denn es ist doch so: Sich über die negativen Dinge im Leben zu ärgern, macht nicht glücklicher. Meine positive Grundeinstellung hilft mir nicht nur beim Management meiner Blutzuckerwerte, sondern auch im alltäglichen Leben.


Ich bin schon gespannt darauf, was ich in Zukunft lernen werde.
Wie ist es bei euch? Habt ihr Ähnliches gelernt oder vielleicht gar nichts in der Art?
Würdet ihr die Zeit zurückdrehen, wenn ihr könntet?



3 Kommentare

Yigg hat gesagt…
Hallo Lea,

freut mich sehr für dich, dass du dich so entwickelt hast, wie du es wolltest. Vor allem das du neben dem Diabetes auch noch die Angst bekämpft und besiegt hast.

Ich wünsche mir allerdings schon die Zeit zurückdrehen zu können damit der Diabetes erst gar nicht entsteht. Ich bin Typ 2 und habe die Diagnose im mittleren Alter erhalten. Ich kann mich einfach nicht so richtig mit dem Typ anfreunden und würde ihn am liebsten auf Ewig verbannen.

Viel Erfolg weiterhin
LG
Lisa hat gesagt…
Wenn mich meine Terapeutin auf meinen Diabetes ansprach, habe ich immer genau das zu ihr gesagt.
Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob ich das sagte um das Thema einfach nicht weiter ausführen zu müssen oder ob ich es ehrlich so meinte.
Manchmal auf jeden Fall. Dann sehe ich das genau so. Nein, meistens sogar. Diabetes hat positive Seiten, mann muss sie nur finden. Du hast hier genau die richtigen aufgezählt.
Trotzdem wünsche ich mir, das man Diabetes mal heilen kann und wir noch davon profitieren können. Schön wäre es und die meisten guten Eigenschaften, die wir durch ihn bekommen haben, würden wir ja behalten. Quasi eine win/win Situation :D
Diabetiker Typ 2 hat gesagt…
Hi, sehr schöner Artikel, ich kann Dich voll verstehen. Eine positive Grundeinstellung ist das wichtigste überhaupt. Wenn man sich dann noch intensiv mit seiner "Krankheit" befasst, ist alles möglich.

Viele Grüße