Der August war kein leichter Monat für meine Familie.
Ich hatte mir vorgenommen, in der Unistadt zu bleiben und an meiner Hausarbeit zu feilen.
Endlich mal entspannen, nachdem der Druck der letzten Klausuren von meinen Schultern gefallen war.
Ich studiere wirklich gern und bin froh über meine Fächerwahl, aber an manchen Tagen wird mir das Ständige in der Uni sein und lernen zu viel, vielleicht fühle ich mich einfach immer noch leichter unter Druck gesetzt als meine Kommilitonen.
Manchmal vergesse ich, dass ich vor ein paar Jahren nicht mal mehr allein vor die Tür gehen konnte, weil mich die Angststörung verfolgt hat.
Das ist vorbei, aber diese Jahre, in denen es mir schlecht ging, haben mich anfälliger gemacht. Noch sensibler.
Aber auch noch eigener und das ist das Schöne daran:
Ich weiß, wann es Zeit für mich wird, einen Gang zurückzuschalten und neue Kraft zu tanken.
Als der Anruf kam, wusste ich, dass ich meine Kraftreserven weiter strapazieren musste:
für meine Familie.
Mein Onkel hatte seit 2 Jahren Krebs und wir dachten, er hätte es überstanden, als er erneut über Schmerzen klagte.
Die darauf folgende Operation zeigte, dass dem leider nicht so war.
Flüssige Metastasen hatten seinen Körper eingenommen.
Er wurde von innen heraus aufgefressen.
Es gab nichts, was wir noch tun konnten, außer warten und ihm beizustehen.
Es gibt keinen Ausdruck für das Gefühl, einen geliebten Menschen sterben zu sehen, wissend, dass man absolut nichts dagegen tun kann.
Ihn leiden zu sehen, ihn weinen zu sehen und sich gemeinsam mit ihm nach dem Warum zu fragen, auf das es keine Antwort gibt.
Was mich am Meisten dabei mitgenommen hat, sind alle die unerfüllten Wünsche und Pläne, all die Ziele, die ins Nichts verlaufen.
Ein Leben, was nicht weitergeht, nur in unserer Erinnerung.
Eine Erinnerung daran, dass man nur dieses eine Leben besitzt.
Wir sollten alle viel mutiger sein, uns mehr zutrauen, mehr leben.
Dankbar für diese Chance sein, auch wenn wir nicht wissen, wo sie uns hinführt.
Mein Onkel sagte zu mir, ich soll jede Chance ergreifen, die sich mir stellt.
Alles mitnehmen.
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In den letzten Monaten habe ich das getan.
Ich habe meine Zeit mit Freunden und meiner Familie genossen, war in Berlin, Dänemark und München.
Oft gab es Momente, in denen ich dachte, wie glücklich ich mich schätzen kann.
Damit möchte ich sagen, dass ich natürlich manchmal traurig war und mir Gedanken gemacht habe, aber ich habe mich davon nicht runterziehen lassen.
Jetzt, wo die Tage wieder kürzer werden und ich nichts außer Wolken und Regen sehe, wenn ich aus dem Fenster schaue, wird es wieder ein bisschen schwieriger für mich, aber ich habe genug liebe Menschen um mich herum, die mich immer wieder aufbauen, ob bewusst oder unbewusst.
Ich wollte in den letzten Monaten schon oft Posts schreiben, denn ich hatte Ideen und das Schreiben fehlt mir.
Aber es wollte nicht so recht gelingen und ich hatte auch nicht wirklich Lust, mich mehr als nötig mit meinen Diabetessorgen auseinanderzusetzen.
Ich habe gemessen, gespritzt, korrigiert, angepasst - ohne mich groß über Werte zu ärgern.
Es lief einfach wie von selbst, warum sollte ich mich also groß aufregen?
Das kam mir plötzlich so banal und nichtig vor.
Ich denke, ihr versteht jetzt etwas besser, warum ich nicht viel von mir habe hören lassen.
Das wird sich bald wieder ändern.
1 Kommentare
Und ich finde es wunderbar und unglaublich wichtig, dass du das Leben so siehst, wie es ist: Eine einmalige Chance. Die Möglichkeit, Abenteuer zu erleben, Träume zu verwirklichen und verrückte Gefühlsachterbahnen durchzustehen. Wir können nichts besseres machen, als so viel wie möglich davon mitzunehmen :)