Insulea - Mein Leben mit chronischen Erkrankungen

Ein Blog über meinen Alltag mit Diabetes Typ 1, Asthma, POTS und Endometriose.

Diabetesgefühle: So geht es mir bei einer Unter-/Überzuckerung.


Bei der Routineuntersuchung werde ich jedes Mal gefragt, wie ich mich denn bei einer Unterzuckerung fühle. Natürlich fallen einem auf diese Symptome meistens nur "Äh, zittrig" ein, dabei sieht es bei einer echten Unterzuckerung ganz anders aus.

Ich vermeide das Wort "Hypo" lieber, denn eine Hypoglykämie setzt erst ab Werten unter 50mg/dl ein, unterzuckert fühle ich mich aber bereits ab Werten unter 80. Genau so individuell wie der Wert, ab dem man sich unwohl fühlt, sind wohl auch die Symptome.

Heute möchte ich also einfach mal ein bisschen über mein Gefühl sprechen, welches ich bei Unter- oder Überzuckerungen habe. Persönlich finde ich solche Berichte einfach interessant und ich hoffe, so ein wenig Licht in den dunklen Diabetes-Dschungel für den Diabetes Typ F - Familie und Freund*innen - zu bringen.

Denn immer, wenn mich Menschen, die mir nahe stehen, mich fragen, wie sich das Ganze denn überhaupt so anfühlt, dann muss ich erstmal überlegen. Schließlich ist das, obwohl man sich tagtäglich damit beschäftigt, gar nicht so leicht zu beantworten.



Unterzuckerung

Ich gehe jetzt mal von einer Unterzuckerung bei 65mg/dl aus. Diese bemerke ich eigentlich immer und meistens fühle ich mich dabei schon ziemlich schlecht. Natürlich ist das "Zittern" ganz oben auf meiner Liste, allerdings ist es für mich nicht mit normalem Zittern (z.B. bei Kälte) zu vergleichen.
Viel mehr ist es ein Zittern aller vorhandenen Muskeln im Körper, für mich fühlt es sich an, als wäre all die Energie (in Form von Zucker) aus den Muskeln entzogen worden, es brennt wie nach einer sehr anstrengenden Sporteinheit oder einem langen Lauf. So müssen sich Marathonläufer*innen nach der Ziellinie fühlen.
Dazu kommt, dass ich nicht mehr vernünftig sehen kann, alles erscheint zu scharf und die Farben zu grell; wenn dieses Symptom verschwindet, weiß ich automatisch, dass mein Blutzuckerwert wieder auf einem guten Level ist.

Außerdem das bekannte Problem: Wirre Gedanken. Bin ich unterzuckert, brauche ich schnell- und langsamwirkende Kohlenhydrate. So weit, so gut. Manchmal fühlt sich mein Gehirn in dieser Situation aber wie leergefegt an und ich stehe ich vor dem Kühlschrank und weiß partout nicht, was ich nun zu mir nehmen soll. Manchmal (wenn ich ganz schön niedrig bin) kommt es dann vor, dass ich ungetoastete Toastscheiben in mich stopfe und diese mit Cola runterspüle - obwohl ich eigentlich auch meine Lieblingsgummibärchen hatte. Als ich noch zuhause gewohnt habe, musste mir meistens ein Elternteil vorschreiben, was ich esse, damit ich überhaupt mal anfing, die Unterzuckerung zu behandeln.

In letzter Zeit habe ich oft das Problem, dass ich eigentlich so spritze wie immer, es aber genau in der Situation zu viel ist. Zwar kann ich nun meine Pumpe ausstellen, aber mit noch 10 aktiven Insulineinheiten nützt das auch nicht so viel.

Der durch zu viel Insulin bzw. Spritzfehler verursachte Unterzucker ist meiner Meinung nach der Unangenehmste. Ich kann förmlich spüren, wie sich der Blutzuckerwert in den Keller verabschiedet.
Dieses Gefühl lässt mich meistens leicht in Panik ausbrechen und doch schaffe ich es (fast) immer, nur so viel zu mir zu nehmen, dass der Zucker nicht gleich von der Hypo in die Hyper umschlägt.

Mittlerweile hatte ich auch bereits einige Situationen mit sehr niedrigen Werten unter 40mg/dL, wo meine Hände und Lippen taub wurden und kribbelten. Dieses Gefühl hielt manchmal noch einen Tag länger an. 



Überzucker

Wo wir beim 2. Punkt, der Hyperglykämie wären. Ich sage dazu nur zwei Sachen: Kopfschmerzen und Wüste. Als hätte ich tagelang keine Flüssigkeit zu mir genommen. Richtig toll wird es, wenn mich ab 300mg/dl die Übelkeit plagt. (Über 400mg/dl bin ich allerdings nur vor meiner Manifestation gekommen - toi,toi,toi!)

Zum Glück habe ich eigentlich nur in sehr stressigen Zeiten hohe Blutzuckerwerte. Irgendwer hat mal gesagt, bei hohem Blutzucker fühlt man sich, als wäre man von einem Laster überrollt worden - Stimmt.
In der Wüste. Nach 5 Tagen Fußmarsch. Ohne Wasser. Da hilft einfach nur Abwarten, Tee trinken und den Wert korrigieren.Nach solchen Unter- oder Überzuckerungen bin ich dann auch immer müde und kaputt - je nachdem, wie oft die Blutzuckerwerte an dem Tag aus der Reihe sprangen, ist dieser dann auch gelaufen.

Denkt daran: Unter- und Überzuckerungen sind für den Körper sehr stressig und entziehen Energie. Kein Wunder also, dass wir uns manchmal auch noch einen Tag später erschöpft fühlen. Das ist ganz normal. Wichtig ist, dass wir uns dann wirklich schonen. 

An solchen Tagen könnte ich sauer sein, dass mal wieder so gar nichts klappen will.
Oder aber ich versüße mir den restlichen Tag je nachdem mit Schokolade oder Tee und einem Film, ganz entspannt auf dem Sofa. Denn denkt dran, Ärger treibt den Blutzucker bloß wieder hoch ;)

Jetzt würde ich von euch natürlich gern wissen, ob es bei euch genau so abläuft oder vielleicht ganz anders?










1 Kommentare

Anonym hat gesagt…
Liebe Lea,
vielen Dank für diese schöne Beschreibung. Mein Sohn (10 Jahre) hat seit September Diabetes 1. Ich versuche mich in ihn reinzuversetzen und ihn zu verstehen wie er sich bei einer Unter- oder Überzuckerung fühlt. Dein Beitrag hat mir ein wenig geholfen :-) Die Unterzuckerung fühlt er ziemlich schnell und weiß auch was zu tun ist. Allerdings sind die Werte im Moment seit 2-3 Wochen bei 300-400 vormittags in der Schule, was mir ziemlich Kopfzerbrechen bereitet und auch die Lehrer nicht so ganz verstehen oder verstehen, das er sich dann einfach nicht gut fühlt oder sich nicht gut konzentrieren kann :-(... Liebe Grüße Antje